2. Die Lage als
Operationsbasis für den Ausrottungsfeldzug
Ein möglicher Einwand
gegen eine Lokalisierung des Römerlagers Atuatuca etwa auf
dem Ichenberg nordöstlich von Aachen wäre der Hinweis,
daß Cäsar im Rahmen seiner Ausrottungskampagne gegen
die Eburonen im Jahre 53 v. Chr. von Atuatuca aus zur Schelde
sowie zu den Ausläufern der Ardennen marschiert. Lassen sich
diese Marschziele mit der vorgeschlagenen Ortsbestimmung in
Einklang bringen?
a) Der Marsch vom Rhein nach Atuatuca
- Nach seinem ergebnislosen
Feldzug gegen die Sueben im Jahre 53 v. Chr. kehrt Cäsar
über die zweite Rheinbrücke ins Trevererland zurück,
das er zwischen Koblenz und Andernach betritt. Nun beginnt der
Rachefeldzug gegen die Eburonen. Als Operationsbasis soll das neu
zu beziehende Lager Atuatuca dienen. Cäsar schickt den
Basilus mit der gesamten Reiterei durch den Ardennenwald voraus
(VI 29,4), er selbst will ihm unmittelbar folgen. (VI 29,5). Sein
Ziel ist Atuatuca. Basilus gelangte schnell und ganz wider
Erwarten (celeriter contraque omnium
opinionem VI 30,1) in das
Land der Eburonen, wobei ihm um ein Haar die Gefangennahme des
völlig überraschten Ambiorix geglückt wäre.
Nach dem Überschreiten der Grenze von den Treverern zu den
Eburonen - vermutlich die spätere Südgrenze der Provinz
Germania Inferior mit dem Vinxtbach als Grenze - beginnen die
Feindseligkeiten (VI 30,1), die zur Flucht der Bevölkerung
führen (VI 31,2).
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- Auf welchem Wege Basilius und
nach ihm Cäsar durch die Ardennen nach Atuatuca gelangt
sind, vermögen wir nicht mit Sicherheit zu sagen. Jedoch
scheint Cäsar das Gebiet der Segner und Condruser nicht
berührt zu haben, denn diese schicken an ihn Gesandte mit
der Bitte, sie nicht als Feinde anzusehen: Segni
Condrusique, ex gente et numero Germanorum, qui sunt inter
Eburones Treverosque (VI
32,1) - Die Segner und Condruser, von den Germanen
abstammend un zu ihnen zählend, welche zwischen den Eburonen
und den Treverern siedeln, schickten an Cäsar Gesandte mit
der Bitte, er möge sie nicht zu den Feinden rechnen; er
dürfe auch nicht der Ansicht sein, daß alle Germanen
diesseits des Rheins ein- und dieselbe Sache verfechten; sie
hätten nicht an Krieg gedacht und dem Ambiorix keine
Hilfstruppen geschickt. Nachdem Cäsar diese Angelegenheiten
durch das Verhören von Gefangenen geklärt hatte, gab er
ihnen den Befehl, wenn Eburonen sich zu ihnen flüchten
sollten, ihm diese auszuliefern. Falls sie so handelten,
versprach er ihnen, ihr Gebiet nicht anzutasten (VI
32,1-2). Aus der Entsendung von Gesandtschaften an Cäsar
dürfen wir wohl schließen, daß er das Land der
Segner und Condruser, der südlichen Nachbarn der Eburonen,
nicht betreten hat.
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- Cäsar nennt zuerst die
Segner, dann die Condruser, Offenbar siedelten die Segner östlich
der Condruser, so daß er sie zuerst erwähnt. Die
Caeroser und Paemaner hingegen, die ebenfalls zu den
linksrheinischen Germanen zählen (II 4,10), schickten keine
Abgesandten an Cäsar, wohl weil sie von dessen
Operationsgebiet weiter entfernt und keine Nachbarn der Eburonen
waren 96).
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Bei einer Lokalisierung des
Lagers Atuatuca etwa auf dem Ichenberg bei Eschweiler war die
kürzeste Verbindung dorthin der Weg vom Neuwieder Becken
durch das Rheintal bis Sinzig, von dort durch das untere Ahrtal
weiter nach Rheinbach und anschließend über Billig
(Belgica), Zülpich und Düren zum Hohenstein. Für
diese Route spricht der Umstand, daß Cäsar das Land
der Eburonen - etwa an der Ahr - schnell und offenbar auch leicht
erreicht (VI 30,1) und daß die Sugambrer in der Nähe
von Bonn eburonische Flüchtlinge aufgreifen (VI 35,6), die
vor dem Anmarsch der Römer nach Osten geflohen waren. Auch
konnte Cäsar auf dieser Route dem überraschten
Ambiorix, wie es scheint, den Fluchtweg über den Rhein
abschneiden. Schwierig und zeitraubend wäre der Umweg über
Mayen und der Anmarsch in einem weiten Bogen nach Norden durch
die Eifel in Richtung Zülpich oder Nideggen gewesen.
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- Anmerkungen
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96) Vgl. Josef NIESSEN,
Geschichtlicher Handatlas der deutschen Länder am Rhein.
Mittelrhein und Niederrhein, Köln und Lörrach 1950,
Karte 8.
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b) Die
strategische Planung des Ausrottungsfeldzuges
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