Der römische Wasserleitung bei Kreuzweingarten

Nach C. A. Eicks 1867


[...]

§ 11. Antweiler und Wachendorf. - Weingarten, Rheder und Billig. - Belgica und seine Alterthümer. - Die römischen Denkmäler der Umgegend, Seite 75-89

Bei Antweiler befindet sich unsere Wasserleitung bereits im Gebiete der Erft 1). Die verschiedenen, in der nächsten Umgebung entspringenden Wasser nehmen vereinigt später den Namen des Meersbaches an und fallen im nahen Dorfe Weingarten jenem Flüßchen zu. Von dem zuletzt bezeichneten Punkte an der Buschgasse läuft der Kanal in gerader Linie zunächst durch das „Heckenfeld“ (Flur X), den „Ränzelforst“ (Flur IX), durch die Parzelle „Auf'm krummen Graben“, durchschneidet sodann „die Eifler Straße“, den „Ohlen Acker“, die „Elsiger Gasse“ und streicht hierauf, dem Hause Broich gegenüber, in den sogenannten „Broicher Busch“ (Flur VIII), wo er an verschiedenen Punkten offen liegt und streckenweise sehr gut erhalten ist. Aus dem Broicher Busche geht er dann durch den südlichen Abhang der „Fühlingskuhle“ und der „Wolfskaule“, schneidet die Weingartner „Viehtrift“, und hat gleich darauf in der „Paffenhardt“ (Flur III), wo eine Waldparzelle nach ihm sogar den Namen „Auf dem Düfelsgraben“ erhalten hat, gegenüber dem Dorfe Weingarten, das Erftthal erreicht. An letzerem Punkte liegt die Sohle desselben 84 Fuß höher als der mittlere Wasserspiegel an der Brücke über die Erft.

Von Weingarten abwärts folgt er nun der Straßenrichtung auf Rheder, durchzieht die stark bewaldeten Abhänge der linken Thalwand, genannt „An der Betze“, und trifft dann in sanfter Wendung zur Linken auf den alten Fahrweg nach Euskirchen, wo sein Gewölbe zu Tage tritt. Hier, am „Rauschen Graben“, hat er zugleich denjenigen Punkt erreicht, dessen Höhenlage genügt, um an das nahe gelegene Belgika Wasser abgeben zu können. Weiterhin durchzieht er dann die neben der Straße gelegenen Ackerfelder, geht durch das oberste Haus (No. 2) des Dorfes Rheder, streicht durch die Gärten der links der Hauptstraße gelegenen Häuserreihe und kommt am untern Ausgange des Ortes, da wo der Weg zum Kaisersteine abführt, in der Scheune des Hauses No. 13 wieder zum Vorschein. Hier macht er plötzlich eine Biegung zur Rechten, geht durch den Hofraum und den Brunnen dieser Wohnung, durchschneidet die Chaussee nach Euskirchen (beziehungsweise die Dorfstraße) und tritt hierauf in den sogenannten „Rheder Auel“. Die unterhalb desselben gelegene Wiesenparzelle führt nach ihm den Namen „Auf der Kalle“ und er befindet sich hier bereits in der unmittelbaren Nähe des Flusses; in einer Wendung thalaufwärts geht er dann noch einige hundert Schritte weiter bis zum sogenannten „Kaller Wehre“ fort und setzt an diesem Punkte unter der Erft durch auf das rechte Ufer über.

Von der Stelle an, wo der Kanal das Feybachthal verläßt, bis zu seinem Durchgange durch die Erft haben theils eine unrichtige Beurtheilung der Höhenverhältnisse, theils auch die Unbekannschaft mit den Spuren seines Laufes zu der Ansicht geführt, daß hier zwei Kanäle vorhanden gewesen seien, von denen der eine dem Laufe des Feybaches und später der Erft folgend, am westlichen Abhange der Ville vorbei, über Liblar nach Köln gegangen sei. Die Vertheidiger dieser Annahme wissen aber auf der ganzen Strecke auch nicht einen einzigen Punkt namhaft zu machen, wo nur im Entferntesten eine Spur desselben sich nachweisen ließe, unbekümmert darum, daß ihnen für den Dualismus der Kanäle von Kalmuth und Dreimühlen auch früher schon, im mittleren Feybachthale, jegliche Stütze mangelt.

Andererseits hat die Höhenlage des Kanales bei Weingarten zu der irrigen Ansicht verleitet, daß derselbe bei Rheder nicht unterirdisch fortgeführt, sondern mittelst großer Bogenwölbungen von dem linken auf das rechte Gehänge hinübergeleitet worden sei. Aber weder am linken noch rechten Ufer des Flusses sind irgend welche Spuren von Mauerresten im Boden aufzufinden; auch hätten die Benennungen „Auf der Kalle“, und „Am Kaller Wehre“ leicht zu der Vermuthung führen können, daß der Kanal an diesen Punkten, in so unmittelbarer Nähe des Flusses, nur unter dem Boden zu finden sein würde. Ich habe bereits früher (S. 29.) eines ähnlichen Wehres gedacht, welches beim Durchgange des Kanales durch die Urft sich vorfand, es aber unentschieden gelassen, ob dasselbe aus der Römerzeit herstamme, oder erst in späterer Zeit erbaut worden sei; dieser ganz analoge Fall es „Kaller Wehres“, welches unbestritten von der „Kalle“ (dem Kanale) seinen Namen erhalten, erhebt die dort ausgesprochene Vermuthung, daß die Anlage schon von den Römern herrühre, zu einem sehr hohen Grade von Wahrscheinlichkeit.

Noch muß ich hier auf einen andern Irrthum aufmerksam machen, zu welchem die Höhenlage des Kanales bei Weingarten Veranlassung gewesen ist. Man hat nemlich geglaubt, daß derselbe an diesem Punkte nicht nur kein Gefälle habe, sondern auf eine kurze Strecke sogar zu Berge steige. Wer von Antweiler aus nach Weingarten geht und, ohne auf die starke Senkung des Terrains zu achten, den Kanal plötzlich in einer Höhe von 84 Fuß über dem Erstspiegel erblickt, der sollte in der That versucht werden, an eine Steigung desselben zu glauben. In Wirklichkeit findet aber eine solche ebensowenig hier wie an anderen Punkten statt, und werde ich darüber im 4ten Abschnitte die weitere Begründung folgen lassen.

Aber mit Recht könnte man nun die Frage aufwerfen, warum nicht schon von Antweiler an dem Kanale ein größeres Gefälle gegeben wurde, um ihn gleich in der Gegen von Weingarten unter der Erft durchführen zu können. Den die außerordentliche Höhenlage steht zu der Thatsache, daß er kaum 20 Minuten weiter das rechte Gehänge zu erreichen sucht, in einem gewaltigen Kontraste und es springt in die Augen, daß für die Römer ein sehr triftiger Grund bei der Wahl jenes Weges über Rheder vorhanden sein mußte. Dieser Grund ist aber lediglich in der Lage des Stationsortes Belgika zu suchen, wo der Kanal ohne allen Zweifel einen Theil seines Wassers für die Bedürfnisse der Einwohner abgeben mußte; wurde er aber tiefer am Gehänge vorübergeleitet, so konnte jener Platz unmöglich von ihm erreicht werden.

Auf dem Ausläufer des Gebirgszuges zwischen Feybach und Erft liegt zwischen den beiden Dörfern Rheder und Billig eine äußerst gesegnete Feldflur, die unter dem Namen „Am Kaiserstein“ weithin bekannt ist. Bezüglich seiner Lage wird dieser Punkt von keinem anderen am Fuße des Eifelgebirges mehr übertroffen, und selbst die Aussicht von den Thürmen Zülpich's von der Hohenburg oder dem Tomberge kann nicht in Vergleich kommen zu dem prachtvollen Anblicke, der von hier aus dem Wanderer geboten wird. So weit das Auge reicht, tauchen aus den Saatgefilden und Wiesengründen die Thürme der Städte und Dörfer auf und ein hoher Kranz von Waldungen, überragt von den blauen Kuppen der Siebenberge, schließt rings die herrliche Fernsicht.

Daß hier das alte römische Belgica zu suchen sei, darf nach den bisherigen Fundergebnissen wohl außer allen Zweifel gestellt werden, wenn auch bis jetzt keine inschriftlichen Denkmäler direkt für diesen Namen sprechen.

Die einzige Quelle, welche uns den klassischen Namen dieser Niederlassung aufbewahrt hat, ist das Itinerarium Antonini, und nur in dem nahe gelegenen Billig hat sich noch entfernt ein Namensanklang erhalten. Die alten Forscher waren lange uneinig, wo Belgika eigentlich gestanden habe, und da sie bei der Bestimmung der Lage meist von der Ansicht ausgingen, daß es an der bekannten Straße zwischen Marmagen und Zülpich gelegen haben müsse, so geriethen sie entweder an den Abhang des Bleiberges, oder versetzten es, wie Gelenius u. A., in die Nähe von Glehn, unbekümmert darum ob die in der Reiseroute angegebene Entfernung mit dieser Annahme stimmte oder nicht. Die erste richtige Bestimmung dieses Stationsortes finden wir bei Hetzrodt in seiner Schrift: Notices sur les anciens Trevirois. Trèves 1809. Später hat der Rentmeister Trimborn in seiner bereits angeführten Abhandlung über Belgika diese Ansicht weiter zu unterstützen versucht und namentlich die hohe Wichtigkeit der umliegenden Ortschaften zur Zeit der Karolinger in anziehender Weise besprochen. Da die spätern Funde am Kaiserstein noch einen weitern Beitrag zur Begründung obiger Meinung abgeben, so halte ich es für zweckmäßig, eine kurze Uebersicht dessen, was der Zufall und die angestellten Ausgrabungen bisher zu Tage förderten, hier folgen zu lassen.

Von inschriftlichen Denkmälern gehören nach Belgika folgende Steine:

  1. Eine Grabschrift des Q. Petronius Rufus, der nach unglücklichem Feldzuge in Belgika begraben wurde: Q. PETRO////S || Q. ANIENSIS || RVFVS. H. S. E || P//RVM. FELIX || //ILITIAE. Quintus Petronius, Quinti (filius), Aniensis, Rufus, hic situs est, parum felix militiae. Kalkstein, 4' 5'' hoch, 1' 3'' breit, gefunden im Jahre 1809. - Vergl. Lersch, Centralmuseum rheinl. Inschriften II. Nr. 44. Overbeck, Katalog des rh. Museums vaterl. Inschriften, Nr. 92

  2. Eine Ara, dem Iupiter optimus maximus und dem Ortsgenius gewidmet: I. O. M. ET || GENIO // OCI || M VL || MAT // I NVS || BF COS PRO SE || ////SVIS V. S. L. M. - Jovi optimo maximo et genio loci Marcus Ulpius Maternus, beneficiarius consulis, pro se (et) suis votum solvit lubens merito. - Rother Sandstein, 2' 6'' hoch, 1' 3'' breit. Die Votivtafel wurde 1838 an einem Grabe gefunden, in welchem zwei Skelette in umgekehrter Richtung neben einander lagen. Dieser Umstand weist unzweideutig darauf hin, daß letzteres kein römisches war, sondern vielmehr der germanischen Periode zugewiesen werden muß; auch haben die späteren Nachgrabungen in den Jahren 1842 und 1851 den germanischen Ursprung sehr vieler Gräber am Kaiserstein auf das Bestimmteste nachgewiesen. Wir haben also hier, wie in Zülpich, unmittelbar neben und theilweise in der alten Römerstadt eine altdeutsche Begräbnisstätte 2). Vergl. Rheinische Provinzialblätter 1839. Nr. 57. - Lersch, Centr.-M. II. 9. - Overbeck's Katalog Nr. 15. - Jahrb. d. V. v. A. Heft I. 128. und Katzfey, Geschichte v. Münstereifel II. 155.

  3. Ein Votivstein, den Aufanischen Matronen geweiht: MATRONIS || AVFANIABVS || // EVERINI // || ////VE//// || IIBERIVS || V//CTOR || //X IMPER || ////SE ET SV //// || //// L // || - Bunter Sandstein, 2' 10'' hoch, 2' breit. Die Inschrift wurde zuerst von Overbeck in seinem Kataloge unter Nr. 3 edirt und dort also gelesen: Matronis Aufaniabus Severinius (?) veteranus (?) Tiberius Victor et imperio ipsarum pro se et suis (votum solvit) lubens (merito). Der Severinius der 3. Zeile dürfte feststehen, aber unter keinen Umständen wird nun in Zeile 4. veteranus zu lesen sein sein; wie aber der Beiname des Widmenden gelautet habe, bleibt immerhin schwer zu bestimmen. Ich vermuthete einmal, daß ein Vitealis in den Resten stecke und eine Ligirung von ITE stattgefunden habe; ein Vitealis opfert ebenfalls auf einem Zülpicher Steine, den ich weiter unten anführen werde, den Aufanischen Matronen. Ob ferner in Zeile 5. Liberius oder Tiberius zu lesen sei, geht aus den vorhandenen Zügen nicht mit Bestimmtheit hervor 3); jedenfalls wird aber die Annahme von zwei Widmenden den Vorzug verdienen.

  4. Ein Grabstein der Julia Paterna: IVLIAE || PATERNAE || COIIVGI || CARISSIMAE. - Juliae Paternae coiiugi carissimae. Feinkörniger, grauer Sandstein, 2' hoch und 1' 6'' breit, gefunden im Sommer 1844. - Vergl. Jahrb. d. V. v. A. Heft V. VI. 340. Overbeck's Katalog Nr. 112 und Katzfey a. a. O. II. 156.

  5. Eine kleine Ara, einer unbestimmten Gottheit (dem Mithras?) gewidmet: P I M FIR || MINO VO || TVM REFE || RET IVS || TINI PAT || ERNA || V ////// ||. - Gefunden Anfangs Mai 1842, ganz in der Nähe des Steines No. 2. Tuffstein, aber deshalb nun nicht, wie Overbeck will, aus Brohl oder Andernach stammend; ich selbst fand die Ara, als die kaum einige Tage ans Licht gezogen war, noch an Ort und Stelle vor. Direktor Katzfey hält irriger Weise das Material für gebackenen Thon und glaubt daraus schließen zu dürfen, daß man solche Tafeln für Monumente zum Verkaufe gebacken habe. Die Inschrift wurde in der obigen Form zuerst von Lersch in den Jahrb. d. V. v. A. Heft I. 85. veröffentlicht und also gelesen: Deo invicto Mithrae Firmino votum refere(n)te Justinia Paterna votum (solvit lubens merito). Ich gestehe, daß mir die Beziehung auf den Mithras eben so wenig wie die Deutungsweise überhaupt gefällt, wage aber nicht, eine andere Lesart in Vorschlag zu bringen, zumal die Abschrift Overbeck's (Katalog No. 144) von den Zügen bei Lersch bedeutend abweicht. - Sämmtliche Steine befinden sich jetzt im Museum vaterländischer Alterthümer zu Bonn.

Die Bedeutung unseres Platzes wird weiterhin bestätigt durch die große Zahl von Thongeschirren aller Art, Fibeln, Lampen, Marmortafeln, Glasgefäßen und sonstigen Gegenständen des häuslichen Lebens, welche entweder zufällig beim Pflügen oder in Folge besonders angestellter Nachgrabungen dort zum Vorscheine gekommen sind; namentlich verdient aber noch das Relief einer Hesione in Sandstein, welches Prof. Ulrichs in den Jahrb. d. V. v. A. Heft IX. S. 153. Taf. II. 1 besprochen hat, hier hervorgehoben zu werden. Die eigentliche Blüthe des alten Belgika scheint indeß dem letzten Abschnitte der römischen Herrschaft am Unterrheine anzugehören; denn die meisten Münzen, welche hier zwischen Rheder und Billig in so außerordentlicher Menge gefunden worden sind und noch täglich gefunden werden, gehören der Periode von Konstantin bis Honorius an; namentlich sind darunter diese beiden Kaiser wie auch Konstans, Valentinian, Valens, Gratian, Theodosius und Magnus Maximus sehr zahlreich vertreten.

In dem Gegenpunkte von Rheder, dem mehrfach erwähnten Dorfe Billig, werden zwar im Boden selbst keine Ueberreste römischen Mauerwerkes angetroffen, wohl aber sind an der dortigen Kapelle mehrere Fragmente von Inschriftsteinen eingemauert, die jedoch in einem so verwitterten Zustande sich befinden, daß eine Entzifferung der Züge nicht mehr möglich ist. Den von Direktor Katzfey in den Jahrb. d. V. v. A. Heft XXIII. 189. mitgetheilten Grabstein habe ich unter ihnen nicht auffinden können.

So viel über Belgika selbst; gehen wir nun zur Betrachtung der Ansiedlungen in der nächsten Umgebung über.

Da nimmt vor allem das schon genannte Dorf Weingarten (auch vorzugsweise Kreuzweingarten genannt) unsere Aufmerksamkeit in Anspruch. Die Wichtigkeit dieses Punktes trat zuerst im Jahre 1839 bei Fortführung der neuen Straße von Euskirchen nach Münstereifel hervor. Es wurden damals südlich des Ortes die Fundamente eines großartigen Gebäudes und viele Gemächer in demselben bloßgelegt, von denen eins mit einem Mosaikfußboden versehen war; die Wände sowohl dieses wie auch eines anderen Zimmers waren mit fein polirten Marmorplatten von verschiedener Farbe bekleidet. Durch die Fürsorge des Regierungs-Präsidenten Herrn v. Möller in Köln wurden im Herbste des Jahres 1851 die Ausgrabungen an jener Stelle wieder aufgenommen, wobei sich herausstellte, daß das Gebäude, welches dort gestanden, bezüglich des Umfanges und der Mannigfaltigkeit seiner Gemächer mit Recht der berühmten Jagdvilla von Fliessem an die Seite gestellt werden darf. Da wir über die Anlage des Ganzen eine besondere Monographie von Prof. Overbeck besitzen, die als Winkelmann's-Programm für 1851 erschien 4), so kann ich meine Leser, die ein näheres Interesse für den Gegenstand haben, hier auf dieselbe verweisen. Aber auch außer dieser Villa bietet Weingarten noch andere Reste des Alterthums, die den römischen Ursprung keineswegs bezweifeln lassen. Auf den angränzenden Aeckern werden nicht selten Silber- und kUpfermünzen aufgefunden und nach Overbeck wurden mehrere Bronzenadeln und Schalen von terra sigillata mit Blättern von Wasserpflanzen im Umkreise der Villa selbst ausgegraben. Dem Verfasser der Monographie gebührt nebenbei das Verdienst, zuerst auf die große Zahl von Inschriftsteinen aufmerksam gemacht zu haben, welche in den Mauern der Kirche und namentlich des Thurmes mit der Schrift nach innen oder nach unten eingelassen sind. Nur ein einziger halber Stein ist mit der Schrift nach außen, aber liegend, eingemauert. Overbeck theilt folgende Züge mit: SGIDN || DIVIV || IVS BI || OSE ET || // I // VI || OSS //// || und bemerkt dabei, daß die andere Hälfte des Steines, mit dem Anfange der Zeilen, unmittelbar über diesem, aber mit der Schrift nach oben oder nach unten eingemauert sei.

Unter den Funden der jüngsten Zeit verdient namentlich noch eine kleine Merkurstatue aus Bronze, die von Prof. Braun in Bonn erworben wurde, hervorgehoben zu werden 5). Dann sind aber auch zu Anfange dieses Jahres wieder Fibeln, kleinere Bronzen und Salbenfläschchen, sowie mehrere Fragmente von Vasen aus terra sigillata mit allerlei Verzierungen nebst einer großen Zahl von Silber- und kUpfermünzen in der Nähe des Ortes zum Vorscheine gekommen. Auffallenderweise gehören auch letztere der Mehrzahl nach der Periode nach Konstantin an 6).

Die beiden Dörfer Antweiler und Wachendorf, von denen erstes unmittelbar an den Kanal, letzteres an die Straße nach Belgika sich lehnt, bewahren ebenfalls in den umliegenden Feldern mehrfache Spuren, die auf den früheren Aufenthalt der Römer hinweisen. Die frühere Kirche zu Antweiler gehörte unstreitig zu den ältesten dieser Gegend. Bei dem im Jahre 1852 erfolgten Abbruche derselben wurden 3 Votivsteine der Vakalinehischen Matronen, deren Namen offenbar zum nahen Wachendorf in inniger Verbindung zu stehen scheint, aufgefunden. Sie sind zuerst von Freudenberg in den Bonner Jahrbüchern Heft XIX. 82 veröffentlicht und näher besprochen worden.

Es sind folgende:

  1. MATRONIS || VACALINEHIS || AM. NOMI. EIIVS || PRIMV. I IMP || //// I // M. Matronis Vacalinehis Amius Nomieiius Primus ex imperio ipsarum votum solvit lubens merito. Grobkörniger, grauer Sandstein, 2' 8'' hoch, 1' 9'' breit.

  2. Fragment einer Ara von demselben Materiale: //////// || //// LINEHIS || ////// VCCI || //// T. IVL || //// OR IMP || //// I //// || Die Namen der Widmenden sind aus den Resten nicht mehr herzustellen, doch darf die Ergänzung der 2. Zeile durch Vacalinehis als sicher angesehen werden.

  3. Der dritte Stein, welcher mit einer Darstellung der Matronen versehen war, wie die Figurenreste nachweisen, enthält nur noch die Buchstaben .... TRONIS, war aber höchst wahrscheinlich auch denselben Müttern gewidmet.

Die Inschriften sind jetzt im Besitze des Herrn Geh. Rathes Schröder zu Haus Wachendorf. Durch diesen Fund wird der Kult der Vakalinehischen Matronen in der nächsten Umgebung von Wachendorf außer Zweifel gesetzt und es ist, wie Freudenberg vermuthet, sehr wahrscheinlich, daß an der Stelle der Antweiler Kirche ursprünglich ein diesen Müttern geweihtes Heiligthum gestanden habe. Der Name derselben war aber schon seit dem Anfange des 17. Jahrhdts. durch einen andern Stein, der ebenfalls in Antweiler aufgefunden war, aber leider verloren gegangen ist, bekannt geworden. Die Inschrift dieser so vielfach besprochenen Ara, die mit einer Opferdarstellung versehen war, lautet also: MATRONIS VACALLI || NEHIS TIB. CLAVDI || MATER. NVS. IMP. IPSA. - Matronis Vacallinehis Tiberius Claudius Maternus imperio ipsarum. - Vergl. Jahrb. d. V. v. A. XII. 58. Freudenberg a. a. O. und Katzfey, Geschichte v. M. E. II. 16, der aber noch die falsche Erklärung von Schannat wiedergibt 7).

Wenden wir uns nun von Antweiler südlich über den Höhenzug, welcher das Erftthal von der Niederung des Meerbaches trennt, so treffen wir auch hier in der Nähe von Kalkar und westwärts nach Iversheim vielfache Spuren der Römer, die in jüngster Zeit noch durch neue Funde vermehrt worden sind. Der erste Ort dürfte meines Erachtens von den Kalköfen (calcariae) seinen Namen erhalten haben, welche die Römer dort theils für den Bau des Kanales theils für andere bauliche Zwecke errichtet hatten. Nachweislich hatten wir die letzten Oefen dieser Art am Herkelsteine angetroffen, welcher Punkt für den Kanal im mittleren Feybachthale äußerst günstig gelegen war. Von dort bis nach Antweiler wird die Kalkstrate theils durch einen Streifen Grauwackenschiefer, theils durch die Alluvialbildungen der Braunkohlenformation von dem Laufe des Kanales getrennt und von Lessenich abwärts konnte der nöthige Kalk am raschesten von Wachendorf oder Kalkar bezogen werden. Wenn wir bedenken, welche außerordentliche Menge dieses Materiales bloß für den Bau des Kanales erforderlich war, so dürfen wir wohl annehmen, daß der praktische Römer stets darauf bedacht war, sich bei Anlage seiner Oefen die bequemst gelegenen Stellen auszuwählen. Aber auch römische Mauerwerk wird in den Feldern von Kalkar häufig angetroffen und namentlich finden sich westwärts des Ortes zahlreiche Scherben von Thongefäßen und Ziegeln zerstreut auf den Aeckern vor.

[...]


Anmerkungen:

  1. In Urkunden Arnapa (796), Arnapha (973) und Arnephe (1051) genannt. Vergl. Lacomblet. I. No 5. 114. 185.

  2. Vergl. meine Mittheilungen über „Matronensteine aus Zülpich und Floisdorf“ in den Jahrh. d. V. v. A. Heft XXIII. S. 61.

  3. Auf einer Inschrift der Nymweger Rathhaussammlung widmet ein M. Liberius Victor den Mopatischen Müttern einen Altar. Vergl. Jahrb. d. V. v. A. Heft VII. 47. De Wal, de Moedergodinnen Nr. CLVIL. X

  4. Die römische Villa bei Weingarten. Mit einer lith. Tafel. Bonn 1851.

  5. Vergl. Jahrb. d. V. v. A. Heft XXVII. 141.

  6. Vergl. Jahrb. d. V. v. A. Heft XXXII. 138.

  7. Zur Vervollständigung der Denkmäler, welche auf diese Matronen Bezug haben, möge noch ein fünfter Stein, der im Jahr 1834 zu Endenich bei Bonn ausgegraben wurde, hier Erwähnung finden. Die sehr undeutliche Inschrift ist folgende: MATRIBVS || // ACALL // || NEIS ATTICI || MATERNV. || M.L.I.M.P || IVS. IPSA || L. M - Matribus vacallineis Atticius Maternus miles legionis primae Minerviae Piae iussu ipsarum lubens merito. - Vergl. Lersch Centr. M. II. 30. - Overbeck a. a. O. No. 136. Wenn die Ergänzung der 2. Zeile als vacallineis richtig sein sollte, so bleibt es immer höchst auffallend, daß wir hier statt matronae das Wort matres gebraucht finden. Vergl. Meine Bemerkg. In Heft XXIII. 78. 1.


Abkürzungen

Jahrbuch d. V. v. A. = Jahrbuch des Vereins von Altertumsfreunden


Quelle: C.A.Eicks, Die römische Wasserleitung aus der Eifel nach Köln, mit Rücksicht auf die zunächst gelegenen römischen Niederlassungen, Befestigungswerke und Heerstraßen, Ein Beitrag zur Alterthumskunde im Rheinland, Bonn 1867; Seite 78 - 86 Kreisarchiv Euskirchen


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