- Inhaltsverzeichnis
Einleitung: Auf
der Suche nach Atuatuca
I.
Die Entfernung von Cäsars Hauptquartier in Amiens zum
Winterlager in Atuatuca 1. Die
Interpretation von Cäsars Entfernungsangaben
2. Das Lager des
Cicero auf dem Felsenplatau von Binche im Lande der Nervier
3. Das Lager des
Labienus in der Maasschleife bei Sedan im Lande der Remer an der
Grenze der Treverer 4. Die
Entfernungsangaben des Ambiorix 5.
Cäsars
strategischer Fehler und dessen Verschleierung
6. Der Flur- und
Ortsname Atsch im Stolberger Tal als Zeugnis für
den Namen Atuatuca?
II.
Die Lage Atuatucas innerhalb des Eburonenlandes 1.
Die Lage im Aachener
Raum zum Rhein hin 2. Die
Lage als Operationsbasis für den Ausrottungsfeldzug
a) Der Marsch
vom Rhein nach Atuatuca b) Die
strategische Planung des Ausrottungsfeldzuges
c) Das Problem
der Schelde als Marschziel Cäsars
d) Die
Ausläufer der Ardennen als Marschziel Cäsars
e) Die
Ausrottung im eburonischen Rheinland
Ergebnis und
Karten
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Einleitung: Auf
der Suche nach Atuatuca
-
- Im Laufe des Jahres 54 v.
Chr. kam es in Nordgallien zu einer Reihe von Aufständen
gegen den Eroberer Gaius Julius Cäsar. So vernichteten die
zu den linksrheinischen Germanen zählenden Eburonen unter
der Führung ihres Königs Ambiorix anderthalb Legionen
in der Nähe ihrer Festung Atuatuca, bei der die Römer
ein Winterlager angelegt hatten. Die Sollstärke von
anderthalb Legionen betrug ohne Hilfstruppen und Troßknechte
9000 Mann 1). Das war die Hälfte der Verluste,
welche das römische Heer bei der Schlacht im Teutoburger
Wald im Jahre 9 n. Chr. erlitt. Doch vermochten die Eburonen ihr
Schicksal nicht zu wenden. Im Gegenteil, sie büßten
ihren Sieg über die beiden Legaten Sabinus und Cotta mit
ihrer Ausrottung in dem Rachefeldzug, den Cäsar ein Jahr
später von Atuatuca aus gegen sie unternahm und dem sich
noch ein zweiter im Jahre 51 v. Chr. anschloß, ohne daß
es dem Prokonsul gelungen wäre, seines Todfeindes Ambiorix
habhaft zu werden.
-
- Das tragische Schicksal
dieses durch Völkermord vernichteten Stammes hat
stets eine warme Anteilnahme in Belgien, in den Niederlanden und
im Rheinland gefunden, da hier die Eburonen ansässig waren
und ihr Kampf der Behauptung ihrer Freiheit gegen fremde
Eroberung galt. Seit eh und je haben sich Philologen, Historiker
und Archäologen bemüht, Atuatuca zu entdecken, das dann
der älteste, mit Namen bekannte, lokalisierte Schauplatz der
Geschichte eines dieser Länder wäre. Die Suche nach
dieser berühmten Stätte setzte schon im 15. Jh. ein 2),
ohne daß sie bisher zu einem Erfolg geführt hätte,
so daß das Problem Atuatuca immer noch offen
ist.
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Die kürzlich erschienene
archäologische Bibliographie Tongerens von Monique Lesenne
zählt dreißig Lokalisierungen Atuatucas auf 3):
1. Tongeren, belg. Provinz
Limburg;
2. Aachen bzw. Vetschau, Ortsteil
der Stadt Aachen;
3. Atsch, Ortsteil der Stadt
Stolberg/Rheinland;
4. Balmoral, Gemeinde Spa, Prov.
Lüttlich;
5. Berg bei Tongeren, belg. Prov.
Limburg;
6. Caster, Gemeinde Kanne, belg.
Prov. Limburg;
7. Das Plateau von Embourg, Prov.
Lüttich, auf dem Gelände La Hazette;
8. Esneux an der Ourthe, Prov.
Lüttich;
9. Das Plateau von Ferschweiler
bei Bollendorf, Kreis Bitburg, Rheinland-Pfalz;
10. Die Umgebung von Gemblourx,
Prov. Namur;
11. Gressenich, Kreis Aachen;
12. Der Ausläufer der Forêt
de Feyr, Gemeinde Tenneville, belg. Prov. Luxemburg;
13. Fouron-le-Comte: 's
Gravenvoeren, belg. Provinz Limburg;
14. Herve, Prov. Lüttich;
15. Herzogenrath, Kreis Aachen;
16. Hontem, Gemeinde Gronsveld,
niederl. Prov. Limburg;
17. Julémont, Prov.
Lüttich;
18. Jülich, Kreis Düren;
19. Limbourg bei Verviers, Prov.
Lüttich;
20. Lüttich;
21. Mont-Falhize, Gemeinde Huy,
Prov. Lüttich;
22. Nideggen, Kreis Düren;
23. Sittard, niederl. Prov.
Limburg;
24. Theux, Prov. Lüttich;
25. Valkenburg, niederl. Prov.
Limburg;
26. Vieux-Virton, Gemeinde
Saint-Mard, belg. Prov. Luxemburg;
27. Wandre, Prov. Lüttich;
28. Waroux, Bemeinde Alleur,
Prov. Lüttich;
29. Wittem, niederl. Prov.
Limburg;
30. Wollersheim bei Nideggen,
Kreis Düren.
Die vorliegende Liste muß
wie folgt ergänzt werden:
31. Geilenkirchen, nördlich
von Aachen, Kreis Heinsberg;
32. Billig, Kreis Euskirchen;
33. Rheinbach, südwestlich
von Bonn, Rhein-Sieg-Kreis;
34. Huy, das Gelände der
Zitadelle, Prov. Lüttich;
35. Wiedenfeld, Kreis Bergheim
4). -
Da das Problem Atuatuca noch
nicht gelöst ist, hält die Suche nach der von Cäsar
genannten Stätte unvermindert an und fand zuletzt ihren
Ausdruck in dem am 7. 12. 1974 von dem Gallo-Romeins-Museum
Tongeren veranstalteten Atuatuca-Kolloquium 5), das
jedoch keine Einigung über die Ortsbestimmung herbeizuführen
vermochte.
-
- Wenn wir dieses ungelöste
Problem dennoch wieder aufgreifen in der Hoffnung, das Irrlicht
Atuatuca einzufangen, so deshalb, weil wir unsere Quelle, Cäsars
Commentarii de bello
Gallico, seinen Bericht über den
Gallischen Krieg, neu interpretieren sowie methodisch einen
bisher nicht beschrittenen Weg zur Lokalisierung einschlagen.
Statt wie üblich von der vermuteten Atuatuca-Stätte
deduktiv auszugehen und zu versuchen, sie mit Cäsars Angaben
in Einklang zu bringen, was zu keiner allgemein anerkannten
Lösung geführt hat 6), gehen wir den
umgekehrten Weg, nämlich von Cäsars Hauptquartier in
Amiens an der Somme (Nordwestfrankreich) auf das Lager Atuatuca
zu. Bei diesem induktiven Verfahren gelangen wir zu neuen
Ergebnissen. Mit Hilfe der historisch-philologischen Methode
gelingt es uns, wie wir meinen, den Bereich der Lokalisieurng
Atuatucas auf den Raum nordöstlich von Aachen einzugrenzen.
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Anmerkungen
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- 1) Die Sollstärke einer
Legion betrug auch zur Zeit Cäsars etwa 6000 Mann, doch war
die Ist-Stärke oft wesentlich geringer. Vgl. T. Rice HOLMES,
Caesar's Conquest of Gaul, Oxford 2 1911, Nachdruck
New York 1971, S. 559-563, besonders S. 562 f. So eilt Cäsar
mit zwei Legionen von insgesamt knapp 7000 Mann dem belagerten Q.
Cicero zur Hilfe. (Bell. Gall. V 49, 7).
-
- 2) Le jeu des
hypothèses commence vers 1470, déjà, alors
que Marlianus, professeur de droit canon à Louvain,
plaçait le castellum à Fauquemont
(Valkenburg, ndl. Prov. Limburg), tout en ne rejatant pas
absolument l'opinion de ceux qui le situaient à Juliers
(Jülich). J. VANNÉRUS, in: Revue belge des
philologie et d'histoire 26, 1948, S. 873 f.
-
- 3) Monique LESENNE,
Bibliografisch repertorium van de oudheidkundige overblijfselen
te Tongeren = Oudheidkundige repertoria - Répertoires
archèologiques, Reeks A: Bibliografische Repertoria -
Série A: Rèpertoires bibliographiques, Brüssel
1975, S. 57-60. Die Verfasserin hat uns vor Erscheinen ihres
Buches eine Übersicht über die verschiedenen
Lokalisierungen von Autatuca mit den zugehörigen
bibliographischen Angaben zugeschickt. Dafür sei ihr an
dieser Stelle herzlich gedankt. - Zur Bibliographie von Atuatuca
vgl. auch HOLMES (Anm 1), S. 371-384, und J. MERTENS, Enkele
beschouvingen over Limburg in de Romeinse tijd, in: Archaeologia
Belgica 75, 1964, S. 1-10.
-
- 4) Für 31, 32, 33 vgl.
Richard SPESSART; Wo lag Atuatuca?, in: Die Eifel 37, August
1936, S. 103, Spalte 1. - Für 34 vgl. R. SCHMITTLEIN,
Peut-on indentifier Atuatuca et les trois camps césariens
de Belgique en 54? in: Revue internationale d'Onomastique 26
(1974), S. 243-257, bes. S. 253 ff. - Für 35 vgl. Erich
HERMANN, Ambiorix - Schauspiel in drei Aufzügen, D-4049
Gubberath o. J. (1974), (S. 2-3).
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- 5) Auf Einladung von Dr. J.
Smeesters, Direktor dieses Museums, und von Prof. Dr. A.
Wankenne, S. J., Professor an der Facultés Universitaires
Notre-Dame de la Paix, Namur, Präsident des Nationalen
Zentrums für archäologische Forschungen in Belgien.
Vgl. den Bericht von Y. G. in der Tageszeitung La Libre
Belgique vom 14.-15. Dezember 1974 Où situer
Atuatuca?.
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- 6) So haben wir im Sinne der
deduktiven Methode den Hohenstein-Ichenberg bei Eschweiler als
Lokalisierungsstätte vorgeschlagen (vgl. Aachener
Volkszeitung Nr. 146 und 152 mit ihren Regionalausgaben,
Wochenendbeilage Magazin vom 29. Juni und 6. Juli 1974) und
diesen Vorschlag auch auf dem Atuatuca-Kolloquium in Tongeren
(vgl. Anm. 5) vorgetragen. Dort äußerte Prof. Wankenne
die Meinung, der Hohenstein-Ichenberg sei zu weit von Cäsars
Hauptquartier in Amiens entfernt. - Mit Hilfe der induktiven
Methode gelangen wir jedoch auf viel überzeugendere Weise,
wo meinen wir, zu derselben Lokalilsierung. Die vorliegende
ausführliche Darstellung korrigiert den zweiten Teil des
Zeitungsberichts in mehreren Punkten.
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1. Die
Interpretation von Cäsars Entfernungsangaben
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